Der Teufel im Prager Stüberl

Verfasst am: 24.01.2013 | Autor: Florian Kapfer

Der schöne Januar. Befreit von Tand und Buden sind Plätze und Straßen. In Augsburg rauschen die Wälder...

Der schöne Januar. Befreit von Tand und Buden sind Plätze und Straßen. In Augsburg rauschen die Wälder an Straßenecken und überall sonst, wo der Wind die heimatlos gewordenen Weihnachtsbäume zusammentreibt. Was im Dezember noch Mittelpunkt des trauten Familienkreises war, landet im Januar auf der Straße, im Müll oder bei Ebay: der Baum, der Hamster, die neue Boeing, Jupp Heynckes. Doch soll niemand sagen, die Bundesbürger hätten kein schlechtes Gewissen. In der Bahnhofsbäckerei entschuldigte sich letztens ein stangendürrer Hipster, dass er am Samstagabend neben der Käsebreze auch noch ein Nusshörnchen kauft. "Für morgen", erklärte er der Verkäuferin, die daraufhin verständnisvoll nickte.

Aber mal ehrlich, wenn die Vorfreude auf Weihnachten (also den Weihnachtsurlaub) weg ist, ist der Winter doch nur noch eines: scheiße. Scheißekalt, scheißedunkel, scheißenass, scheißelang. "Wenn ich den Winter gegen eine Diktatur tauschen könnte", soll schon Jürgen Drews spekuliert haben, bevor er zum ersten Mal den Flieger nach Malle bestiegen hat. Hat sich dann aber auch erledigt.

Für die Daheimgebliebenen gilt wie jedes Jahr: Die wirklich guten Geschenke entdeckt man erst nach dem Fest. Die Weldenbahn-DVD zum Beispiel. Es ist gerade mal 30 Jahre her, dass man Züge einfach so Straßen kreuzen lassen konnte, teilweise sogar ohne Schranken. Unvorstellbar heutzutage, man wundert sich ja schon, dass noch keiner die Maya-Nachfahren verklagt hat wegen des ausbleibenden Weltuntergangs. Der Clash-Sänger Joe Strummer hat übrigens mal die tolle Idee geäußert, militanten Nichtrauchern nur noch den Genuss solcher Werke zu gestatten, die auch von ihresgleichen geschaffen wurden. Ist natürlich ein ziemlich fieser Einfall, irgendwann wird "Mein Kampf" auch langweilig.

Ach ja, Sie merken es, der Januar lässt die dunkelsten Seiten der Menschen zu Tage treten. Wie Eichhörnchen, die sich angeblich nicht erinnern können, wo sie ihre Nusshörnchen verbuddelt haben, eilen wir geduckt vom weihnachtlichen Kesseltreiben durchs Schneetreiben zum Faschingstreiben und verfluchen die Energiekosten. "Wollen Sie mal meine Energie kosten?", fragt der als Putin verkleidete Teufel im Prager Stüberl und man ist versucht, einfach mit ihm zu gehen - wenn er noch gehen könnte...
Da halten wir es doch lieber mit dem Dinkelscherbener Liedermacher Andi Kalb: "Ich geh im Fasching als Faschist". Weiß der Geier, warum noch niemand vor ihm auf diese geniale Zeile gekommen ist. Wäre eigentlich was für unseren Haus- und Hofbilderstürmer, den man Anfang Februar bekanntlich wieder aus der Gruft zerrt, um ihm neue Interpretationen ins Knie zu schrauben. Irgendwie beschleicht einen das Gefühl, da würde nicht nur in der Orangerie eine "Brechtgeisterbahn" eingerichtet.

Dazu passt das aktuelle Augsburger Streitthema Nummer eins: die Straßenbahn durch die Maxstraße. Auch hier wurde mal wieder viel diskutiert und informiert, bevor Stadtregierung und Stadtwerke die Bürger vor vollendete Tatsachen stellen. Geht halt nicht. Der Weldenbahn ist es Mitte der 80er ähnlich ergangen, mittlerweile denkt man etwas anders darüber. Dabei macht die Tram im Wochenend-Autoscooter auf der Maxstraße gar keine so schlechte Figur, wenn man die Abfahrt am Milchberg noch etwas beschleunigen würde... Oder wie wär’s mit einem Nachtschwärmerexpress, der die Innenstadt mit den zentrumsfernen Clubs verbindet? Oder einer Prachttram für die Prachtstraße, mit Mozart am Pianola in der Proseccobar und Jakob Fugger als Schaffner? Der alte Knauser würde auf jeden Fall sehr genau drauf achten, ob alle brav ihre Billetchen gelöst haben.

Ansonsten bleibt eigentlich nur noch die Frage, warum bei dem Foto der Berufsfeuerwehr Augsburg nicht nur der "Christbaum für alle" deutliche Schräglage hat, sondern auch der Perlachturm...

In diesem Sinne: Bleiben Sie senkrecht!

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