Die oder das GroKo?

Verfasst am: 01.01.2014 | Autor: Florian Kapfer

Die deutsche Gesellschaft für Sprache war dann vielleicht doch etwas zu voreilig, als sie das Wort des Jahres 2013 kürte...

Die deutsche Gesellschaft für Sprache war dann vielleicht doch etwas zu voreilig, als sie »GroKo« zum Wort des Jahres 2013 kürte. Schließlich ist noch gar nicht raus, welches Geschlecht das Kind hat. Ob aus »die große Koalition« nicht bald »das große Ko...« wird, wer weiß. Mehr Bundestagsvizepräsidenten, Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung und der unwürdige Streit um Rechte und Redezeiten der Opposition sprechen zumindest schon mal eine deutliche Sprache. Wir hätten ja nie gedacht, dass wir so etwas mal schreiben würden - aber das hätte es mit der FDP nicht gegeben. Kleiner Scherz.

Sei’s drum. Allein wegen der strahlenden Gesichter in der SPD-Zentrale hat sich der Spaß gelohnt. Seit Jahren hat man keine so glücklichen Sozialdemokraten mehr gesehen wie Sigmar Gabriel und Andrea Nahles bei Verkündung der Ministerliste. Für jemanden, der das Wahlergebnis nicht kennt, dürfte kaum zu erkennen gewesen sein, wer hier die absolute Mehrheit nur knapp verfehlt und wer gerade mal gute 25% erreicht hat. Die früheren »Traumpartner« FDP und Grüne dürften sich auch angesichts der außerordentlich gutgelaunten Bundeskanzlerin jedenfalls erstaunt gefragt haben, ob ihre jeweiligen Ex-Bettgenossen seinerzeit den ein oder anderen Höhepunkt vielleicht doch nur vorgetäuscht haben.

Aber sehen wir’s positiv, so unterhaltungstechnisch vielversprechend war ein Bundeskabinett schon lange nicht mehr. Die Berufsanfänger Ursula von der Leyen und Hermann Gröhe dürfen sich immerhin auf so unwichtigen Feldern wie Verteidigung und Gesundheit versuchen. Dass Hans-Peter Friedrich jetzt Rinder statt Menschen überwacht, geht auch okay, für ihn macht das vermutlich sowieso wenig Unterschied. Der frischgebackene Verkehrs- und Internet(!)-Minister Alexander Dobrindt errichtete vermutlich bereits noch am Abend seiner Vereidigung die ersten Schlagbäume an Bayerns Grenzen von 1806, während der scheidende Kanzleramtsminister Ronald Pofalla seinen Briefkasten leerte, um Platz zu schaffen für die Angebote aus der Wirtschaft.

Eigentlich sah nur die neue Umweltministerin Barbara Hendricks, übrigens gelernte Geschichtslehrerin, halbwegs danach aus, als wäre sie sich bewusst, dass da doch auch ein bisschen Arbeit wartet in den kommenden vier Jahren. Dabei hatte sie nur kurz vorher das freudige Ergebnis des als Mitgliedervotum getarnten Erpressungsschreiben der SPD-Führung an ihre Mitglieder verkündet. Und siehe da: Über siebzig Prozent der Volkspartei waren dagegen, ihren Chefs die Argumente zur Dolchstoßlegende an die Hand zu geben. Im Koalitionspoker unbesiegt, und so...

Alles in allem erinnert die »GroKo« an diese dubiosen Angebote an Tankstellen. Sie kennen das sicher: Wenn einem statt dem Twix, das man eigentlich für einen Euro kaufen wollte, zwei Snickers für 1,50 Euro angedreht werden. Man hat zwar etwas durchaus Vergleichbares für einen absolut akzeptablen Preis bekommen - aber wenn man’s genau nimmt, wollte man doch eigentlich was ganz anderes. Bittersüß nennt man so einen Handel wohl, wahlweise zartbitter. In diesem Sinne: Mahlzeit!