Dranbleiben!

Wenn auch generell wenig Aussicht auf Besserung besteht: Zumindest das Thema Donald Trump dürfte am Tag der US-Präsidentenwahl am 08. November erledigt sein. Neben allen anderen Entgleisungen hat der Lügner, Rassist und Frauenfeind zuletzt auch noch das gute alte Thema Verschwörungstheorien aufs Tablett gebracht, indem er noch vor der Wahl ankündigte, das Ergebnis nicht anzuerkennen – falls er verliert, versteht sich.

Damit trifft er sich leider mit einem Phänomen, das es nun auch in Deutschland zur traurigen Berühmtheit gebracht hat. Nachdem ein Mitglied der sogenannten Reichsbürger-Bewegung in Bayern einen Polizisten erschossen hat, ist selbst der weißblaue Verfassungsschutz stutzig geworden. Dabei hätten sie nur bei den Kollegen nachfragen müssen: Bis zum Frühjahr gab es noch einen bayerischen Hauptkommissar, der in seiner Freizeit als Reichsbürger aktiv war und vor seiner Suspendierung sogar Seminare am Fortbildungsinstitut der Polizei gegeben hat. Drei weitere Beamte müssten mit Entlassung rechnen, sollten sich »Zweifel an ihrer Verfassungstreue« ergeben, so Innenminister Joachim Herrmann mit der ihm eigenen Entschlossenheit.

Das ist freilich noch kein Grund, die Bewegung generell vom Bundesverfassungsschutz überwachen zu lassen. Warum auch? Das wäre ja, als ob man einem Selbstmordattentäter eine Selbstmordneigung unterstellen würde! Das ist doch keine Psychologie mehr, das ist Monty Python! Das Schöne an Verschwörungstheorien ist freilich, dass damit die eigene suboptimale Existenz erklär- und entschuldbar wird – wie soll ich denn im Leben, im Beruf erfolgreich sein, wenn es das Establishment, die Flüchtlinge, die Juden, die Hexen oder sonst wer ständig verhindert? Der Bock ist so alt wie die Menschheit selbst, fragen Sie Tom Hanks!

Ist ein Polizeibeamter, der Pegida einen »erfolgreichen Tag« wünscht, nun ein Sympathisant der Reichspöbler oder nur ein hilfsbereiter Beamter, der keinen Unterschied macht zwischen den verschiedenen Lagern und als Demoverantwortlicher eben genauso freundlich ist wie sonst auch auf dem Revier, wenn er der Nachbarin die Katze vom Baum holt? Andererseits kann man sich doch schwer vorstellen, die Behörden hätten am Tag der Einheit eine Antifa-Demo mit »Refugees Welcome«-Schildern so nahe an die Dresdner Frauenkirche gelassen wie die Vollpfosten, die dann relativ ungehindert unsere höchsten Politiker beschimpfen durften.

Der Politikpsychologe Thomas Kliche meinte neulich in einem Interview auf die Frage, was Politiker gegen Demokratieverdrossenheit und Rechtsruck tun könnten: »Langfristig dranbleiben. Politik hat unser Bildungssystem in Richtung von Verstand gebracht, nicht Vernunft. Wir sind alle kleine technische Zwerge, die ganz toll berufsfähig und marktfähig sind und sich selber vermarkten können. Das ist nicht Vernunftfähigkeit. Vernunftfähigkeit ist die Fähigkeit, sich auseinanderzusetzen, sich ein Bild von der Welt zu machen, sich mit anderen zu verständigen. Das ist eine Fähigkeit, die wir im Bildungswesen langfristig wieder stärken müssen.«

In diesem Sinne: Bleiben Sie dran!