Fliegen schubsen

Verfasst am: 01.06.2015 | Autor: Florian Kapfer

Vom Bahnstreik zum biodigitalen Fliegen-Wii - die Welt ist echt so cool. Danke, liebe CDU!

Hätten Sie's gewusst? Claus Weselsky ist CDU-Mitglied. Der meistgehasste Deutsche der letzten Zeit und unermüdliche Kämpfer für die Rechte der Arbeiter, ein Christdemokrat! Kein Wunder, dass sich so mancher Konservativer in seiner Partei nicht mehr auskennt.

Andererseits, wer kennt sich denn in Deutschland überhaupt noch aus, mal abgesehen von der NSA? Streikfreudig wie Italien in den Sechzigern müssen wir Bundesbürger zurzeit zusehen, wie sich unser ganzer Stolz, die Rüstung, als billigster Krempel herausstellt, mit dem die Wehrmacht seinerzeit nicht mal bis Eberswalde gekommen wäre. Die Sturmgewehre - schießen schief. Die Hubschrauber - fliegen nicht. Der brandneue Militärairbus - fünf Minuten lang. Und das Allerneueste: Die Schrauben am Stahlhelm sind locker! Alter! Wer sitzt da eigentlich im Verteidigungsministerium? An Heckler & Koch auf der Hardthöhe haben wir uns längst gewohnt, aber Laurel & Hardy?

Und was war das zweithäufigste Wort in den deutschen Nachrichten der letzten Monate nach Bahnstreik? Genau: Untersuchungsausschuss. Von wegen, Angela Merkel sitzt alles aus – die kommt nicht hinterher! Zurzeit brüten Kanzleramt und BND in nächtelangen Sitzungen über der immer länger werdenden Liste von Selektoren, mit der Bruder Sam jahrelang hinterm europäischen Schlafzimmervorhang stand. Diese Selektoren gehen in die Tausende, sind also locker genug, um zur Überprüfung der kompletten Liste bereits wieder Selektoren einsetzen zu müssen. Wer soll da noch regieren? Und wann?

Am besten wäre sowieso, eine Dauerfernsehsendung daraus zu machen. Herbert Grönemeyer und Ben »Die Bibel« Becker lesen aus den Memoiren von Günter Grass (die Kai Dieckmann zurzeit noch schreibt) und immer, wenn ein Begriff aus der Selektorenliste auftaucht, wird mit einem G36 auf einen Regionalkrimischreiber geschossen. Und dann mal gucken, wie groß die Streuung wirklich ist!

Apropos: Haben Sie gewusst, dass mittlerweile norddeutsche Autoren bayerische Regionalkrimis verfassen, weil die Nachfrage so groß ist und der weißblaue Autorenpool Lieferschwierigkeiten hat? Die »Werke« müssen dann freilich noch eingebayerischt und vermutlich längst auch eingeschwäbelt werden, und man fragt sich nicht zum ersten Mal, ob das mehr gegen die Produzenten oder eher gegen die Konsumenten spricht. Es gibt einfach nichts, was nicht geliefert wird, wenn’s einen Käufer gibt.

Stichwort: »Food Market«. Kennen Sie nicht? Das Prinzip ist einfach und bewährt: Man nehme einen einigermaßen großen Platz in einer einigermaßen großen Stadt, karrt eine entsprechende Anzahl von Fressbuden hin (klar, fett öko und regional und alles), verlangt Eintritt und schaut, was passiert. Ich verrate es Ihnen: Die Leute strömen, zahlen ihren Obolus, stehen in beachtlichen Schlangen an, um dann was zu bekommen? Genau, Essen auf Rädern, Suppenküche2.0. Hamburger Fischmarkt, nur ohne Hamburg, dafür mit glücklichen Fischen. Echt wahr, die lachen, wenn Sie reinbeißen! Deshalb muss man ja auch Eintritt zahlen, für Kinder is das nix, die gruseln sich vor sowas. Ts, Feiglinge!

Aber wie komm ich jetzt eigentlich da drauf? Ach ja, genau, Feiglinge, Fische, Bundeswehr, CDU: Claus Weselsky! Sind Sie auch so gespannt, was der demnächst macht? Also, außer Bücher schreiben (»Mein Streik«) und beim Jauch rumhängen? Ich glaube ja, der sitzt jetzt schon total gelangweilt zu Hause und versucht mit dem Mauszeiger die Fliegen von seinem Bildschirm zu schubsen. Wetten? Aber, psst, das Allerlustigste daran: Es funktioniert! Probieren Sie’s mal aus. Biodigitales Fliegen-Wii. Die Welt ist echt so cool. Danke, liebe CDU!