Genau genommen ist die ganze Welt eine Parkbank, an der wir unaufhörlich rumschnitzen...
Wem gehört die Parkbank?

Manchmal ist man richtiggehend froh, dank der sogenannten »Stillen Tage« schon um zwei Uhr heimgehen zu dürfen und nicht wie die Kollegen auf dem Presseball noch stundenlang so tun zu müssen, als fände man David Garrett geil. Und oft ist auf dem Weg – egal, zu welcher Tageszeit - eine Sitzbank so richtig toll. Noch eine rauchen, Leute gucken, Buch lesen, Bierchen trinken, vielleicht sogar bisschen einpennen – und wenn man Glück hat, schaut einem dabei sogar Michael Fassbender als Steve Jobs über die Schulter.
Aber Vorsicht: Bänke sind in Augsburg ein Politikum! Zunächst ging es nur darum, ob die Sitzgelegenheiten in unserer neuen schönen Innenstadt Lehnen haben dürfen/sollen/müssen. Schließlich, so die Kritiker, würde damit nicht zuletzt der Blick gelenkt, zum Beispiel aufs Rathaus (oder die Plakate der Bundeswehr, die Augsburg gerade so schön tapezieren). Mittlerweile geht es eher darum, wer wo wie lange auf so einer Bank sitzen darf bzw. wie man sich auf und im Umfeld einer solchen zu benehmen hat.
Am Oberhauser Bahnhofsplatz wurden jetzt nach monatelangen – nachvollziehbaren – Bürgerprotesten die Bänke wieder entfernt, weil sie das falsche Klientel angezogen haben, sprich Drogensüchtige, Alkoholiker und andere nicht so gern gesehene Zeitgenossen. Jetzt ist der Platz weitestgehend leer, kann aber im Sommer natürlich wieder von Leuten genutzt werden, die anderen die Teilhabe ermöglichen, vielleicht sogar verschönern, auf jeden Fall aber nicht vermiesen oder gar unmöglich machen.
Trotz allem Verständnis ist das doch ein seltsamer Vorgang, oder? Es ist ja nicht so, dass am Oberhauser Bahnhof kostenlos Schnaps oder Kippen verteilt worden wären. Nein, es wurden nur Bänke aufgestellt und Menschen, Bürger, Augsburger, haben selbige als Treffpunkt und Aufenthaltsort erwählt. Nur waren es halt die falschen Leute, mit denen die meisten von uns den (öffentlichen) Raum nicht teilen wollen. »Wem gehört die Parkbank?« fragte passenderweise die Sängerin Bernadette La Hengst, die im November im Grandhotel gastierte, in einem ihrer Songs.
Schon klar, den Oberhauser Bankdrückern wurde nicht der Boden unter den Füßen weggezogen, aber halt doch die Bank unterm Arsch, um es mal salopp auszudrücken. Das kann man machen – und vermutlich würde uns allen noch sehr viel mehr »Volkseigentum« einfallen, das man dem ein oder anderen Nutzer mindestens wegnehmen, am besten aber einfach in die Fresse hauen sollte: von rücksichtslosen Verkehrsteilnehmern bis zu Steuerflüchtlingen, von Bücherbeschmierern in der Stadtbibliothek bis zu Berliner Flughafenbauern.
Genau genommen ist die ganze Welt eine Parkbank, an der wir unaufhörlich rumschnitzen. Und immer wieder mal wird es auf der einen Seite etwas enger, weil am anderen Ende einer die Motorsäge auspackt und damit droht, den kompletten Park zu ruinieren. Es wird in nächster Zeit viel darum gehen, wer was wo macht, machen darf und sich machen traut – in Folge der Anschläge ist in Paris der Kartenverkauf für Konzerte um 80 Prozent eingebrochen, in Brüssel war das öffentliche Leben ein ganzes Wochenende lang mehr oder minder eingestellt. Das Oberhauser Beispiel ist denkbar unkompliziert: Bänke weg, Problem gelöst, die Betroffenen haben so gut wie keine Lobby und werden sich nicht wehren. So einfach wird es selten laufen – und leicht machen sollte man sich solche Entscheidungen sowieso nie.