Es bleibt dabei: "Practice what you preach" ist eine schöne alte Regel, die allerdings nur selten von Leuten beachtet wird, die ansonsten gerne auf schöne alte Regeln pochen...
Who's bös?

Lustig sind sie ja schon, die Katholiken. Haben die in Limburg doch jahrelang geglaubt, für lächerliche fünf Millionen einen kleinen Palast hingestellt zu bekommen. Wie der Hartz-IV-Empfänger, der sich mit nem Zehner ins Edelpuff hockt und auf ein Wunder beim Kassieren hofft. Insofern kann man dem armen Tebartz-van Elst keinen Vorwurf machen. Er hat seinen Schafen erzählt, was Schafe hören wollen: Der Herr wird’s schon richten. Jetzt richten’s vermutlich die Herren im Hamburger Gericht, was zu der bemerkenswerten Situation führen könnte, dass ein Religionsvertreter - also jemand, der schon von Amts wegen eine gewisse Aufgeschlossenheit gegenüber Fantasygeschichten mitbringen sollte – einer (!) Falschaussage beschuldigt wird. Puh, dünnes Eis.
Der Wettlauf nach Rom zwischen dem Vorsitzenden der deutschen Bischofskonferenz und dem hessischen König-Ludwig II-Wiedergänger war auf jeden Fall eine großartige Sonntagnachmittagsfarce: Es gewinnt Tebartz-van Elst auf Ryan Air! In asiatischen Wettbüros knallen die Korken. Um es mit Lenin zu sagen: Die deutschen Katholiken würden, wenn sie einen Bahnhof erstürmen wollen, nicht nur vorher eine Bahnsteigkarte kaufen, sondern mindestens die Family-Bahncard in Platin. Das Geld dazu haben sie ja.
Es bleibt dabei: »Practice what you preach« ist eine schöne alte Regel, die allerdings nur selten von Leuten beachtet wird, die ansonsten gerne auf schöne alte Regeln pochen. Mitte Oktober lud Christian Ruck zum Abschiedssymposion in Sachen Städtebau. Das sei ihm eine Herzensangelegenheit, sagte das scheidende Augsburger Mitglied des Bundestages. Mit von der Partie war auch unser Stadtheimatpfleger, der neben drei weiteren Referenten, darunter ich, einen kurzen Redebeitrag von maximal fünf Minuten Länge beisteuern sollte. Aber für das bisschen Vortrag geht ein Heimatpfleger nicht ans Mikro. Eine satte halbe Stunde hat der gute Professor Schulz seinen unschuldigen Mitmenschen geklaut – wohlgemerkt der Mann, der in seinem Brotberuf gerne anderen Leuten vorschreibt, wie sie ihre Klingelschilder anzupinseln haben. Mein eigener Einwurf endete übrigens mit einem Plädoyer für eine autofreie Innenstadt. Raten Sie mal, wer da die Lacher auf seiner Seite hatte!
Zu den beliebten Augsburger Hobbys, Baustellen auf- und Bäume abzubauen, Ehrerklärungen zu fordern und abzulehnen und ansonsten dem Laubbläser keine Hindernisse in den Rüssel zu stellen, gesellt sich neuerdings eine ganz ungewohnte Begeisterung für Neue Musik. Das ist die Musik, die eigentlich kein Mensch hören mag, was aber auch keiner zugeben kann, und die deswegen in den bundesrepublikanischen Musentempeln gefeiert wird wie eine Batterie Jägermeister in der Wärmestube. Wenn’s dann auch noch ganz doll politisch wird, wie bei unserem Augsburger Nono-Spektakel im Theater (böse Zungen sprechen von Intendantin Juliane Votteler angesichts des Mitarbeiterschwunds in der Chefetage bereits als »Yoko Nono«), steht das komplette deutsche Feuilleton stramm. Unter uns: Jede einzelne Note der Goldenen Zitronen ist politischer als dieses altbackene Gutmenschenklangexperiment.
Apropos Gutmenschen: Wir dachten ja immer, Patti Smith sei also doch mal wirklich eine von den Guten. Und zwar so richtig, dachten wir. Okay, wir haben uns in letzter Zeit nicht sonderlich um die einstige »Godmother of Punk« gekümmert, bis Joachim Lang sie fürs Brechtfestival 2014 gebucht hat. Dann wurde bisschen anrecherchiert, quasi das Halbwissen nachverdichtet. Und siehe da: Beim Papstwechsel im April hat die Musikikone doch glatt darum gebetet, der neue Nachfolger vom alten Peter möge sich Franziskus nennen! Hammer, oder? Irgendeine bekiffte Vatifee muss die kleine Patti erhört und dem knuddligen Argentinier eingeflüstert haben: »Nenn dich Franziskus!« Der hat vermutlich nur kurz gezögert und – paff! – schon steht Patti Smith auf dem Petersplatz vor ihm wie ein Honigkuchenpferd auf Lachgas und schüttelt seiner Heiligkeit den Huf als ob sie Letzteren persönlich mit nach Augsburg bringen wollte. Diese mehr als bizarre Szene kann man auf diversen Videoplattformen nachsehen. Wirklich empfehlen können wir das aber nicht, zumindest falls Sie tatsächlich noch glauben sollten, man könnte auch in Würde jungbleiben.