Warten auf... ...eine bessere Leber

Verfasst am: 07.01.2013 | Autor: Marcus Ertle

Augsburg im Januar, das Wetter ist mies, hinter mir läuft ein Mann, der aussieht wie ein jugendliches König-Ludwig-Double. Ein Gespräch über Bärte, Beamte und Alkoholismus...

Augsburg im Januar, das neue Jahr ist, wenig überraschend, da. Das Wetter ist allerdings mies, kein Neujahrswetter, falls es das gibt. Irgendwann werde ich mal eine Ausgabe machen, in der es nur ums Wetter geht. Jetzt regnet es aber erst mal ausdauernd, ich bin durchnässt und streune durch die Gegend, hinter mir läuft ein Mann mit Hut, der aussieht wie ein jugendliches König-Ludwig-Double.Ein Gespräch mit Matthias B. über Bärte, Beamte und Alkoholismus.

Hast du ein Faible für König Ludwig II.?
Matthias: Nein, überhaupt nicht, der Bart wächst einfach so.

Ist aber nicht gerade ein typischer Bart.
Ich weiß, was du meinst, aber der Bart hat auch keinen Namen.

König-Ludwig-Bart, Hawaiihemd, ich versuche dich gerade irgendwie einzuordnen.
Das ist bei mir sehr schwer!

Was machst fu denn beruflich, Friseur?
Nein.

Taxifahrer?
Nein, ich studiere für den gehobenen Verwaltungsdienst und bin am Landratsamt Augsburg.

Ich wage mal die Behauptung, dass du im Amt eher bunter Hund als graue Maus bist.
Wahrscheinlich, allerdings trage ich das Hawaiihemd selten im Amt.

Was hast du noch für Exzentritäten zu bieten?
Ansonsten hab ich keine, ich bin fast normal. Ich habe aber mal Orientalistik studiert, das ist bisschen exzentrisch.

Und statt Orient jetzt Landratsamt?
Ich dachte, dass ich in dem Bereich eh keinen Job finde, da bin ich lieber zum Staat.

Sicherer Job unter der Woche und was am Wochenende?
Ich habe kaum Hobbys, früher hab ich mal geangelt.

Stundenlang am Ufer sitzend und sinnierend, wohin es mit der Welt noch gehen soll.
Ja, genau so.

Und wohin soll’s mit der Welt noch gehen?
Ich hoffe aufwärts, ich bin optimistisch.

Wieso denn das?
Ich bin zufrieden mit meinem Leben.

Noch keine Katastrophen erlebt?
Nein, nur so kleine.

In den Finger geschnitten.
Ja.

Auf einer Banane ausgerutscht.
Ja.

In einen Haufen Scheiße getreten.
Ja, auch das.

Was wünschst du dir?
Eine bessere Leber.

Weil du säufst?
Ja.

Irgendwie muss man den Beamtenjob ja überstehen.
Das ist wirklich so, es gibt relativ viele Beamte, die Alkoholiker sind.

Das ist erschütternd, woran liegt es?
Ich glaube, am Job.

Sehr fordernd und aufreibend, hm?
Genau.

Ach was.
Doch, das denkt man nicht, aber es ist nicht leicht.

Was heißt leicht? Man versucht eben, den Tag rumzubringen.
Man versucht zu schlafen, und wenn man aufgeweckt wird, trinkt man.

Es gibt auch sinnvolle Tätigkeiten, ich kannte mal einen Beamten, der den ganzen Tag die Temperatur vom Außenthermometer notiert hat.
Ja, das wäre eine Idee, macht der das heute noch?

Der macht es heute noch und ist damit sehr zufrieden. Du musst halt auch wissen, wie du im Ernstfall berufliche Aktivität vortäuschst. Kannst du das?
Na ja, ich weiß nicht genau.

Das musst du doch aus dem Effeff beherrschen.
Ich versuch es ja.

Stellen wir uns vor, du machst ein Nickerchen und plötzlich klopft es an der Tür, wie täuschst du Aktivität vor?
Ich bin im Erdgeschoss, steige aus dem Fenster und schreibe: Ich bin bei einem Kunden.

Ihr habt doch keine Kunden, ihr habt Untertanen.
Nein, nein, das heißt offiziell Kunden.

Im Ernst, wie täuschst du Aktivität vor?
Ich tippe schnell etwas auf die Tastatur.

Oder du springst auf und rennst zum nächsten Aktenschrank.
Wenn ich einen habe.

Wenn du das nicht beherrschst...
...bekomme ich eine schlechte Beurteilung.

Eine miserable Beurteilung und du verlierst den Job.
Den Job nicht, wenn man da einmal dabei ist, bleibt man auch dabei.

Wie bei der Mafia, aber vielleicht landest du in der Poststelle.
Ja, die ist im Keller.

Das amtsinterne Sibirien.
Richtig.

Na, immerhin könntest du die Briefe lesen.
Das darf ich nicht.

Natürlich darfst du das nicht, du darfst auch nicht saufen, schlafen und aus dem Fenster springen.
(lacht) Stimmt, aber jetzt muss ich weiter zum Kartenspielen.

Viel Glück.