„Uns hat alles angefixt, was komisch war.“
Verfasst von Neue Szene am 04.05.2023
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Unser Glaube ist bunt! - Interview mit Bernhard Offenberger und Lena Wudi von den Queeren Christ*innen Augsburg
Queer und christlich gläubig sein – geht das überhaupt zusammen? Na klar, sagen Lena und Bernhard von der Initiative Queere Christ*innen Augsburg. Im Gespräch erzählen uns die beiden von Widerständen, die sie auf ihrem Weg überwinden mussten, der Kraft, die sie aus der Gruppengemeinschaft schöpfen und ihren Plänen für den anstehenden Christopher Street Day. Von Lina Frijus-Plessen
Bernhard, du bist Mitbegründer der Queeren Christ*innen Augsburg. Wie und mit welcher Intention kam das Ganze zustande?
Bernhard: Ich habe mich vor ungefähr sechs Jahren mit ein paar Bekannten und Freund*innen zusammengetan, weil wir uns dachten, es wäre doch schön, sich mit anderen Leuten, die genau wie wir christlich und queer sind, auszutauschen. Gerade weil manche nicht nur positive Erfahrungen in christlichen Gemeinden gemacht haben, tut es gut, einfach einen sicheren Ort zu haben, wo wir unser Leben und unseren Glauben miteinander teilen können. Die ersten zweieinhalb Jahre haben wir uns bei mir im Wohnzimmer getroffen, sind dann aber in die Gemeinderäume von St. Ulrich umgezogen und damit auch mehr in die Öffentlichkeit gegangen.
Und seit wann bist du mit dabei, Lena?
Lena: Ich war 2019 das erste Mal bei einem Gruppentreffen dabei. Zu der Zeit habe ich ein Praktikum bei Bernhard gemacht und er hat mich gefragt, ob ich mal zu einem Treffen mitkommen möchte. Ich fand es so toll, die Leute aus der Gruppe kennenzulernen und es hat mich richtig glücklich gemacht, ein Teil davon zu sein. Aber als meine Eltern davon erfahren haben, waren sie überhaupt nicht begeistert und haben mir verboten, weiter zu den Treffen zu gehen, solange ich noch nicht volljährig bin. Aber seitdem ich 18 geworden bin, bin ich wieder aktiv dabei und es ist genauso schön, wie ich es in Erinnerung hatte.
Was hatten deine Eltern gegen die Gruppe?
Lena: Meine Eltern waren damals einfach besorgt, wie es bei anderen ankommen würde, wenn ich meine Sexualität so frei nach außen trage. Sie haben mich gebremst und mir die Teilnahme verboten weil sie dachten, dass sie mich damit vor der öffentlichen Meinung schützen würden.
Bernhard: So etwas passiert leider auch vielen anderen Menschen, denen immer wieder gesagt wird, dass es nicht geht, zugleich Christ*in und queer zu sein und sie sich für eins von beidem entscheiden müssten. Es kommt häufig vor, dass solche Menschen dann auch ihren Glauben infrage stellen. Für mich war das auch ein längerer Prozess, bis ich dahin gekommen bin, wo ich jetzt bin. Am Anfang meines Coming-Outs hatte ich auch meine Zweifel, ob ich schwul sein kann und Christ, der auch noch auf dem Weg zum Pfarrer ist.
Warum habt ihr euch dazu entschlossen, nicht zwischen eurer sexuellen Orientierung und eurem Glauben wählen zu müssen, sondern beides zu leben?
Lena: Ich glaube, dass Gott mich so liebt, wie ich bin. Deshalb hinterfrage ich das auch nicht und hätte mich nie für eins von beidem entscheiden können. Ich will ja auch Pfarrerin werden, aber ich hatte nie den Gedanken, dass ich dafür verstecken muss, dass ich lesbisch bin. Für mich ist mein Glaube auch ein Safe Space, wo ich so sein kann wie ich bin.
Bernhard: Wir sind eben so, wie wir sind. Und weil uns beide Aspekte im Leben sehr wichtig sind, sehen wir das nicht als Widerspruch an.
Habt ihr selbst im kirchlichen Kontext schon einmal Diskriminierung oder Ablehnung erfahren?
Lena: Ich zum Glück nicht, weil ich schon immer in St. Ulrich bin und dort bisher nur gute Erfahrungen gemacht habe. Wenn dann geht das eher in die andere Richtung, dass ich im queeren Umfeld manchmal ein bisschen anecke. Ich habe schon ab und zu Leute getroffen, die eine gewisse Skepsis oder Abneigung gegen die Kirche haben und denen es schwer fällt zu verstehen, dass man als queere Person gläubig sein kann.
Bernhard: Diskriminierung würde ich nicht sagen, aber ich denke schon, dass diese implizite Norm, dass Homosexualität eine Sünde ist, meinen Prozess im Coming-Out verlangsamt hat. Als ich in St. Ulrich als Pfarrer angefangen habe, war es mir wichtig, dass ich von Anfang an mit offenen Karten spiele, deshalb habe ich gleich bei meiner Vorstellung im Gemeindebrief geschrieben, dass ich schwul bin. Da gab es dann auch einige Reaktionen wie: „Ich habe ja nichts dagegen, aber behalte es vielleicht doch lieber für dich, sonst wirst du nur darauf reduziert.“ Es ist eben nach wie vor etwas Besonderes, ein schwuler Pfarrer zu sein. Aber ansonsten habe ich keine großen unangenehmen Erfahrungen gemacht.
Seid ihr eigentlich alle in Kirchengemeinden aktiv oder gibt es auch Mitglieder ohne Kirchenzugehörigkeit?
Bernhard: Viele von uns engagieren sich in evangelischen, katholischen und altkatholischen Gemeinden. Manche sind in Freikirchen, andere sind keiner Gemeinde zugehörig, aber verstehen sich ebenso als christlich. Wir sind grundsätzlich eine bunt gemischte Truppe, unsere Altersspanne geht von 18 bis 78, wir sind Frauen, Männer, Transpersonen, Singles und Paare. Ich finde es sehr besonders und unglaublich bereichernd, dass wir alle ganz verschiedene Hintergründe und Geschichten haben und deshalb auch viel voneinander lernen können.
Wie läuft denn so ein Gruppentreffen bei euch ab?
Bernhard: Wir treffen uns immer am dritten Freitag im Monat im UlrichsEck. Normalerweise erzählt dann erst mal jeder ein bisschen was aus seinem Leben oder was in den letzten Wochen so los war. Danach reden wir mal über ein bestimmtes Thema, mal über eine Bibelstelle, einen Blog-Artikel oder so, das ist immer ein bisschen unterschiedlich. Meistens gibt es Getränke und Snacks und es herrscht einfach eine angenehme Gesprächsatmosphäre. Am Ende des Treffens singen wir gemeinsam, das ist auch ein sehr schönes Ritual. Ich finde es immer wieder toll, so viel Gemeinschaft, Offenheit und Wertschätzung in der Gruppe zu erleben.
Lena: Man weiß einfach, hier werden alle so akzeptiert wie sie sind. Ich höre immer richtig gerne zu, was die anderen zu erzählen haben, weil jeder ja ganz andere Erfahrungen und Gedanken mitbringt. Mir fällt bei jedem Treffen wieder auf, wie viel ich dabei lerne.
Habt ihr aktuell irgendwelche besonderen Projekte in Arbeit?
Bernhard: Ja, wir vernetzen uns auch gerne mit anderen Gruppen und bringen uns zum Beispiel beim Queergarten im Provino ein. Außerdem werden wir im Rahmen des diesjährigen CSD in Augsburg am 18. Juni einen Gottesdienst in St. Moritz abhalten, worauf wir uns schon sehr freuen! (lina)
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