Die Metamorphose - Vom Teeniestar zur Künstlerin

Vom Teeniestar zur Künstlerin: Die Augsburger Musikerin und Produzentin Josy Vogler

Vom Teeniestar zur ernstzunehmenden Singer/Songwriterin und Produzentin. Ein Balanceakt, bei dem schon viele Künstler:innen unterwegs verloren gegangen sind. Josefin Vogler aka Josy hat ihren Weg gefunden und mit „Human Connections“ eine neue EP veröffentlicht.

Josy, du hast vor ein paar Tagen deinen 19. Geburtstag gefeiert. Würdest du sagen, dass du für dein zartes Alter schon ein ziemlich turbulentes Leben hinter dir hast?
Absolut, mein Weg war definitiv ein anderer als beispielsweise der meiner Klassenkameradinnen. Aber diese Turbulenzen haben dazu geführt, dass ich das heute das machen kann, was ich eben derzeit mache.

Vor fünf Jahren begann ein großer Hype um euch, du uns deine Schwester Mimi habt als erstes Duo die Casting-Show „The Voice Kids“ gewonnen. Mit dem Know-how von heute: Würdest du alles genau so wieder machen?
Die Show hat uns wahnsinnig viel gebracht, wir haben dadurch eine unglaubliche Reichweite bekommen, die sonst niemals möglich gewesen wäre. Und es sind uns auch erstaunlich viele Fans von damals treu geblieben, trotz unserer Metamorphose.

Ich muss gestehen, dass ich diese Woche zum ersten Mal ein Video von euch gesehen habe. Ihr habt damals „Creep“ von Radiohead performed und es war schön zu sehen, wie den Jurymitgliedern Lena, The Boss Hoss, Stefanie Kloß und Mark Forster nacheinander die Kinnlade heruntergeklappt ist. Mir ging es ähnlich, das war schon beeindruckend. Was geht in dir vor, wenn du heute die Bilder von damals siehst?
Diese Phase fand während meiner Pubertät statt und es war für uns schon sehr bizarr. Ich befand mich damals in einer Selbstfindungsphase, hatte Probleme in der Schule und irgendwie gehörte ich nirgends richtig dazu. Durch The Voice Kids hat sich sehr viel verändert, plötzlich ist man bekannt und bekommt Anerkennung. Wenn ich heute die Bilder dazu sehe, dann finde ich das alles lustig und es erfüllt mich immer noch mit Stolz.

2022 habt ihr euch umbenannt, aus Josy & Mimi wurde Havet.
Es kam der Augenblick, wo wir uns von den zwei TV-Mädchen und der Casting-Show verabschieden wollten, weil wir einfach mehr sind als das. Wir wollten unsere eigene Musik machen, unseren eigenen Style showcasen und ganz einfach eine neue Seite in unserem Leben aufschlagen.

Aus einem Teeniestar ist eine Gesangskünstlerin geworden. Du gehörst zur Musiker- und Produzentencrew vom Frequenzgarten. War dieses Musikerkollektiv gewissermaßen ein Rettungsring, der dich im richtigen Moment an Land gezogen hat?
Ich habe direkt nach meinem Realschulabschluss den Entschluss gefasst, meinen Weg als Musikerin und Produzentin zu gehen. Ich wusste sofort, dass es keinen anderen Job auf der Welt gibt, der mich mehr erfüllt. Durch einen Produzenten, mit dem Mimi und ich bereits gearbeitet haben, sind wir auf den Frequenzgarten gestoßen und dort wurde ich ab dem ersten Tag liebevoll aufgenommen. Nach einem zweiwöchigen Praktikum hat Nick Herrmann mich gefragt: „Willst du nicht hier einziehen und deinen eigenen Shit machen? Ich kann dir nichts mehr beibringen!“ Ich war in diesem Moment total happy und wurde ein Teil dieses wunderbaren Kollektivs.

Deine Schwester Mimi ist vor ein paar Monaten nach Hamburg gezogen, ihr seid also zum ersten Mal in eurem Leben getrennt. Wie krass war dieser Schritt für dich und warum bist du in Augsburg geblieben?
In erster Linie bin ich wegen dem Frequenzgarten hiergeblieben, wir sind inzwischen wie eine Familie. Wenn die alle wegziehen würden, dann würde ich mitgehen, egal wohin. Hier ist mein kreativer Homespace und ich checke immer mehr, wie toll Augsburg eigentlich ist. Hier ist es gemütlich, entspannt und trotzdem ist immer was los. Was Mimi angeht, klar, das war anfangs hart, wir haben schließlich 18 Jahre unter einem Dach gelebt. Aber irgendwie verstehen wir uns tatsächlich jetzt noch besser als vorher, denn eine Schwester kann manchmal auch ziemlich nervig sein (lacht).

Was hat sie, was du nicht hast?
Mimi ist unfassbar gut strukturiert und plant immer alles, sie weiß ganz genau, was sie tut und ist dabei sehr selbstbewusst. Sie zieht ihr Ding immer voll durch und kann auch vier Wochen alleine chillen und ihr Leben in Harmonie mit sich selber meistern.

Und womit punktest du?
Ich habe viel mehr Klamotten als sie (lacht).

Ich habe dich letztes Jahr auf der Neuen-Szene-Bühne bei den Sommernächten live erlebt und da wurde deine Wandlung deutlich sicht- und hörbar. Das hatte schon alles ziemlich viel Substanz.
Ich hatte nie Gesangsunterricht, aber meine Eltern sind beide Musiker, meine Mutter ist Opernsängerin und da bekommt man natürlich viel ins Nest gelegt. Ich habe schon von klein auf ständig den ganzen Tag vor mich hergeträllert und dadurch auch eine gewisse Übung bekommen.

Du hast jetzt eine eigene EP mit dem Namen „Human Connections“ veröffentlicht. Darauf sind sieben Songs zwischen Electro, RnB, Soul und Pop zu hören. Ist das jetzt zum ersten Mal Josy zu hundert Prozent und ungefiltert?
Absolut, diese EP ist eine Kollektion von Songs aus unterschiedlichen Zeitzonen meines Lebens, manche waren so lange auf meiner Festplatte, dass ich am Überlegen war, ob ich das überhaupt noch veröffentlichen soll. Das ist der Soundtrack, den ich in diesen Momenten gefühlt habe und ich bin froh, dass ich diesen Schritt gegangen bin. Die Songs habe ich größtenteils selber produziert, aber klar, wenn man im Frequenzgarten residiert, dann kommt es natürlich auch zu Kollaborationen.

Welche Künstler inspirieren dich derzeit ganz besonders?
Saya Grey. Sie schreibt auch ihre Songs selber und produziert sie. Dieses Business ist sehr männlich dominiert und sie schafft es, in diesen Bereich durchzubrechen

Bei der Roy-Preisverleihung im Kongress am Park hast du zusammen mit Ceci zwei Songs live performt. Das fand ich toll. Ist Ceci deine neue Co-Pilotin, ihr scheint jedenfalls musikalisch und menschlich sehr zu harmonieren.
Ceci ist eine meiner besten Freundinnen und eine meiner größten Inspirationen. Sie ist einfach unglaublich, total kreativ, sie hat so viel Energie und fährt ihren eigenen Stil mit sehr viel Wucht. Ceci ist einfach eine tolle Frau und wir haben inzwischen auch einige Songs zusammen gemacht, die wir auch veröffentlichen werden.

Was sind deine nächsten Pläne?
Ich habe noch ein Album im Ärmel, das ich bald herausbringen will. Mein Plan ist es auch, mein visuelles Bild klarer zu definieren. Ich habe zusammen mit Maxim Kaiser ein Video gedreht, das wahnsinnig schön ist und perfekt zu meiner Vision als Künstlerin passen wird.

Interview: Walter Sianos
Foto: Lara Rozorea

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