Augsburg im März. Es gibt Tage, da gelingt einem einfach nichts, und es gibt welche, da kommt auch noch Pech hinzu. Mit dem Rad unterwegs zu einer Pressekonferenz – auf dem Weg ein Platten. Ersatzrad organisiert, zur Redaktion gerast, die Praktikantin namens Katharina abgeholt, die heute mit mir ihre erste Pressekonferenz besuchen darf, zu der wir, platte Ursache, fünf Minuten zu spät kommen werden. Auf dem Weg dorthin kann man immerhin die Zeit für eine Plauderei über Handschuhe, Journalismus und Metaphern nutzen.
Warten auf... ...die erste Pressekonferenz

Augsburg im März. Es gibt Tage, da gelingt einem einfach nichts, und es gibt welche, da kommt auch noch Pech hinzu. Mit dem Rad unterwegs zu einer Pressekonferenz – auf dem Weg ein Platten. Ersatzrad organisiert, zur Redaktion gerast, die Praktikantin namens Katharina abgeholt, die heute mit mir ihre erste Pressekonferenz besuchen darf, zu der wir, platte Ursache, fünf Minuten zu spät kommen werden. Auf dem Weg dorthin kann man immerhin die Zeit für eine Plauderei über Handschuhe, Journalismus und Metaphern nutzen.
Neue Szene: Weißt du, was die allerwichtigste, die goldene Journalistenregel für Pressekonferenzen ist?
Katharina: Dass man pünktlich ist!
Mitnichten.
Dass man sich vorbereitet.
Nicht unwichtig, aber noch wichtiger ist, dass man immer intelligent schaut, auch wenn man keine Ahnung hat.
Funktioniert das?
Das funktioniert tadellos. Und welchen Fehler darf man nie machen, wenn man zu spät kommt?
Ja, was denn?
Nicht hetzen, zu spät ist zu spät, man muss, auch wenn man zu spät kommt, gelassen wirken.
Sonst denken die, wir wären in Eile.
Genau, was wir natürlich auch sind, aber wir müssen lässig wirken, das ist die Kunst.
Also sind wir nicht gehetzt, wenn wir jetzt dann reinkommen.
Ja, und wenn wir Glück haben, wirken wir so gelassen, dass jeder denkt, wir wären schon von Anfang an da.
Wir können also nur gewinnen.
Wir können fast nur gewinnen und lernen auch noch was dabei.
Was lernen wir denn?
Auf dem Weg hierher hatte ich einen Platten, das reichte aber nicht als Unglück, ich habe auch einen Handschuh verloren. Jetzt meine Frage: Wenn du einen Handschuh verlierst, sind dann die ganzen 15 Euro, die die Handschuhe kosteten, verloren, oder nur 7,50 Euro?
Die ganzen 15 Euro, mit einem Handschuh kannst du ja nichts anfangen. Aber du kannst ja nach dem verlorenen Handschuh erst mal suchen.
Das versteht sich von selbst, aber dahinter steckt eine Metapher, eine Lebenskonstellation, errätst du welche?
Oma und Opa?
Wieso denn jetzt Oma und Opa?
Die sagen immer, wenn man was verliert, soll man es nicht gleich durch was Neues ersetzen, sondern es suchen.
Sehr gut, das führt dahin wohin ich will. Die Handschuhe sind ein bisschen wie ein Liebespaar.
Deine Handschuhe?
Nicht nur meine, die Handschuhe an sich, alle Handschuhe, es ist ein Vergleich der sagt: Wenn etwas verloren geht, schau dich nicht gleich nach Ersatz um, sondern tu was, um es wiederzufinden. Wie in der Liebe.
Das find ich gut.
Das überzeugt dich?
Ja.
Das wird dir im späteren Leben nützlich sein?
(überlegt) Ja.
Na ja, vielleicht auch nicht, manche Erfahrungen muss man selbst machen, da nützt einem kein Schlaumeier.
Aber ich werde vielleicht trotzdem überlegen, ob ich nicht doch die Handschuhe suchen soll, statt mir gleich neue zu besorgen, auch im übertragenen Sinn.
Ja, wer geduldig seine Handschuhe sucht, der ist auch in der Partnerschaft und anderen Bereichen geduldig.
Sehr schön!
So, bald sind wir da. Willst du eigentlich mal Journalistin werden?
Das überlege ich mir grade.
Dann kannst du gleich eine Praxisübung machen: Interviewe mich.
Wie ist es denn so als Journalist?
Hart, unglaublich hart!
Macht es Ihnen keinen Spaß?
Dir.
Macht es dir keinen Spaß?
Es macht sehr viel Spaß, aber das ist eben dieses alte Missverständnis, die Leute denken immer: Was Spaß macht, ist leicht. Dabei ist es nicht leicht, es muss für die Betrachter nur leicht aussehen.
Und wie bist du dazu gekommen?
Ach, ich dachte mir: Marcus, du kannst lesen, du kannst schreiben, wieso nicht damit Geld verdienen, womit denn auch sonst?
Und was sagt Ihre Freundin dazu?
Deine.
Was sagt deine Freundin dazu?
Ja, die wichtigste aller Fragen: Was sagt die Freundin dazu? Also sie findet es natürlich toll, was ich mache, außer es ist nach 20 Uhr, oder ich quatsche mal wieder nur über meine Arbeit. Als würde sich die Welt nur um mich drehen, was natürlich völlig absurd ist.
Ich kann ja auch ein Reisebüro aufmachen, aber das ist auch nicht so leicht, die Leute buchen alles im Internet und es kommt auch darauf an, ob einem das Reisebüro selbst gehört, oder man nur angestellt ist.
Und du schickst die Leute in die weite Welt und sitzt selbst im Büro.
Nein, nein, da muss man ja auch neue Hotels testen und fliegt da hin.
Das ist dein Kalkül!
Ja!
Okay, wo wärste jetzt am liebsten?
Auf den Malediven, da scheint die Sonne.
Dann bist du momentan sicher gedämpft in deiner Lebensfreude, bei dem Wetter. Sag mal, hat dir der Chef eigentlich gesagt, worum es gleich bei der Pressekonferenz geht?
Nein, keine Ahnung.
Na dann, du kennst die Regeln.