Warten auf... …eine Sauftour mit Hermann Hesse

Verfasst am: 01.10.2012 | Autor: Marcus Ertle

Augsburg im Herbst, noch ist der Herbst goldig und man kann im T-Shirt vor der Kneipe rauchen, so wie Alexander H, der Lust auf ein zwei, drei Zigaretten langes Gespräch über Feuchtgebiete, Wiedergeburt und fiese Rollstuhlfahrer hat...

Augsburg im Herbst, noch ist der Herbst goldig und man kann im T-Shirt vor der Kneipe rauchen, so wie Alexander H, der Lust auf ein zwei, drei Zigaretten langes Gespräch über Feuchtgebiete, Wiedergeburt und fiese Rollstuhlfahrer hat.

Was machst du eigentlich beruflich?
Alex: Ich bin Buchhändler.

Das Buch von Bettina Wulff schon gelesen?
Nee, ich wollt es mal lesen, aber die Bewertungen bei Amazon sind wahrscheinlich das Interessanteste an dem Buch.

Was dir als Buchhändler aber nichts nützt.
Das stimmt, aber mein Schwerpunkt liegt im antiquarischen Bereich.

Du fasst die Bücher dann nur mit Seidenhandschuhen an.
Überhaupt nicht, das ist das totale Klischee...

Kein Mundschutz, kein keimfreier Raum?
Nein, Quatsch, du musst eben vorsichtig sein, außer wenn es jetzt eine Originalhandschrift von Goethe ist, dann vielleicht.

Du liest ja sicher viel, wie lange brauchst du für ein Buch?
Kommt auf die Seitenzahl an, für tausend Seiten ein oder zwei Wochen, du kommst halt doch nicht immer zum Lesen.

Du bist gut, für tausend Seiten brauchen manche ein Leben lang.
Ich hau mir da auch immer die passende Musik rein, wenn ich ein Hardcore-Buch lese, also jetzt nicht Porno oder so, dann hau ich mir auch gern Heavy Metal rein, das passt zu Charles Bukowski.

Was erwartet den Leser bei Charles Bukwoski?
Soll ich es gediegen ausdrücken?

Nein, bitte ungediegen.
Bei Charles Bukowski erwartet einen hirnlose Fickerei. Wenn ich jetzt junge Leute, die mit Literatur nix am Hut haben, fürs Lesen begeistern wollte, würde ich ihnen Bukowski empfehlen. Wenn einer auf Internetpornos steht, ist das der richtige Autor für ihn, er schreibt eklig, aber mit Tiefe.

Eklig schreibt Charlotte Roche in „Feuchtgebiete“ auch.
Das Buch von Roche hab ich auch gelesen und es nach paar Seiten weggelegt, weil es schwach und oberflächlich geschrieben ist, das ist der Unterschied zu Bukowski, der schreibt „ Ich nahm sie von vorne, während mein Freund sie abkaute“. Bei Roche ist aber alles oberflächlich, blöde Fickerei und Analprobleme.

Wieso kommt ein Buch wie „Feuchtgebiete“, oder auch „Schoßgebete“ so gut beim Leser an?
Ich denke, es ist schon ein Buch für die junge Generation, die Autorin sieht gut aus, man würde sie auch gerne mal vögeln.

Mutter Beimer als Autorin hätte dann weniger Erfolg gehabt.
Genau, es ist eine optische Sache, man stellt sich ja vor, dass die Autorin das erlebt und macht, worüber sie schreibt, das hängt ganz stark zusammen.

Mit wem lieber eine Sauftour machen: Charles Bukowski oder Hermann Hesse?
Hesse, der hat zwar auch was von Bukowski, aber er ist bestimmt intelligenter. Wenn ich mit Bukowski einen saufen gehe, zieht der sich zehn Whiskey rein, fängt ne Schlägerei an und findet es ganz cool und danach geht’s mit paar Mädels in die Kiste, da hast du den vollen literarischen Underground, aber da ist wenig Geistreiches. Mit Hermann Hesse könntest du aber den gleichen Spaß haben, er wirkt halt biederer, das ist so wie bei mir, wenn ich wo reinkomme, komm ich vielleicht auch bieder rüber, aber ich fühle mich überhaupt nicht so und bin auch nicht so.

Das ist aber doch sehr oft das Problem, dass man sich gegen das Klischee wehren will, auf das man reduziert wird.
Ja, das ist immer so, ich habe eine spastische linksseitige Lähmung seit meiner Geburt, aber ich kann damit super leben. Ich kann gut laufen und meine Arme bewegen. Man reduziert die Behinderten ja gern, da sag ich, Fuck! Es gibt da auch nicht nur liebe Jungs und alle haben sich gern.

Aber man hätte beispielsweise einem bösen Rollstuhlfahrer gegenüber Hemmungen, wenn er einen beleidigen würde.
Der kann dir gegen’s Schienbein fahren, so ein elektrischer Rollstuhl wiegt eine halbe Tonne, das tut sauweh!

Ja, dem sollt man am besten aus dem Weg gehen. Buchhändler und Heavy Metal hören, ist übrigens ne nette Mischung.
Ja, die Leute meinen ja immer, dass Buchhändler so bieder sind.

Ich würde nicht sagen bieder, es gibt sehr viele schöne unbiedere Buchhändlerinnen.
Ja, das stimmt, man würde auch denken, dass in einem Antiquariat so alte Damen arbeiten, aber da hast du auch richtige Granatgeschosse.

Verträumte, belesene Granatgeschosse. Wieso spotten die Leute dauernd über Buchleser?
Ich hab ehrlich gesagt keine Ahnung.

Vielleicht weil man Bücher nicht zu zweit, zu dritt oder mehr liest.
Man kann das Kamasutra gut zu zweit lesen.

Da liegt der Schwerpunkt aber dann doch eher in der Phase nach dem Lesen.
Stimmt, ich hab’s aber noch nicht gelesen, ich habe zurzeit nicht die richtige Lesepartnerin.

Wie stehst du als belesener Mensch eigentlich zu Satire?
Du spielst auf diese Geschichte mit dem Mohammed-Film und den Protesten dagegen an.

Ja.
Finde ich absolut daneben, man sollte über keine Religion Witze machen.

Wieso nicht?
Weil jede Religion ihre Berechtigung hat, Religion vermittelt Sinn, gibt den Menschen etwas, woran sie sich festhalten können. So einen Film machen, oder auch Karikaturen und dann abtauchen, das find ich schwach.

Wenn die Macher nicht abtauchen, laufen sie aber Gefahr, von Fundamentalisten ermordet zu werden.
Ja, das ist bei uns in der Demokratie besser, du kannst machen, was du willst, aber trotzdem alles in einem gewissen Rahmen. Davon abgesehen finde ich den Buddhismus richtig geil.

Du willst wiedergeboren werden.
Ich habe überhaupt keine Angst vor dem Tod.

Wieso nicht?
Vor Kurzem ist ein sehr guter Freund von mir gestorben und ich habe mich viel mit der Thematik befasst und ich glaube, dass es einem nach dem Tod viel besser geht, als man es sich vorstellen kann. Ich glaube weder an Paradies noch an Wiedergeburt, ich denke, dass es eine höhere Macht gibt, aber was das genau ist, kann niemand sagen.